Oder-Neiße-Radweg (Etappe 1)

Schon seit einigen Jahren liegt bei mir das Tourenbuch für den Oder-Neiße-Radweg zu Hause im Schrank und immer wieder mal war ich mit der Idee, die Tour endlich zu radeln, schwanger gegangen. Da ich nach meiner kurzen Auszeit in Neuseeland nicht sofort wieder arbeiten muss, ging es kurzentschlossen los Richtung Neiße.

Tag 1 (Donnerstag 11. Juni)

Zittau

Zittau

Die letzte Nacht war ich noch recht lange mit den Vorbereitungen beschäftigt und sitze somit am frühen Morgen total übermüdet im Zug. Von Berlin Alexanderplatz geht es mit der Deutschen Bahn bis nach Cottbus und von dort aus mit der Ostdeutschen Eisenbahn weiter nach Zittau, meinem Startpunkt. Die Neiße-Quelle liegt eigentlich 55km weiter südlich in Tschechien, aber ich wollte die Anreise nicht komplizierter gestalten als notwendig.

In Zittau hatte ich mir noch die Altstadt und die Kreuzkirche, mit dem mittelalterlichen Fastentuch angeschaut. Obwohl vom großen Fastentuch recht beeindruckt, konnte mich das Stadtzentrum nicht gerade mitreißen. Hier sieht man noch immer viele verfallene und zum Teil leer stehende Häuser. Aber ich war ja auch nicht hier, um mir Zittau anzuschauen, sondern zum Radfahren. Nach einem kleinen Imbiss ging es gegen 12:00 Uhr los zum Radweg, mit dem Tagesziel Görlitz. Der Radweg trifft auf diesem Abschnitt nur vereinzelt auf die Neiße, ist aber dennoch landschaftlich sehr schön. Ungefähr in der Mitte zwischen Zittau und Görlitz, liegt das Kloster St. Marienthal direkt an der Neiße, wo ich in der Klosterschänke noch eine längere Rast eingelegt hatte.

Görlitz

Görlitz

Das ca. 40km entfernte Görlitz hatte ich dann am frühen Nachmittag erreicht. Da es in der Nähe keinen Campingplatz gibt, ich mir aber die Stadt nach langer Zeit mal wieder anschauen wollte, hatte ich mir für die Nacht ein Zimmer genommen und bin dann auch gleich los in die Altstadt. In Görlitz hatte ich zu DDR-Zeiten das erste Mal Informatik studiert – noch so richtig mit Lochkarten 🙂

Seit damals hat sich allerdings eine ganze Menge verändert und damit meine ich nicht nur die Technik. Görlitz wurde zwar im 2ten Weltkrieg von Bombenangriffen verschont, dafür sind aber im real existierenden Sozialismus, viele der Häuser stark verfallen und ich kenne die Stadt eigentlich nur grau und trist. Nach der Wiedervereinigung wurden jedoch die meisten der mittelalterlichen Gebäude saniert und heute ist Görlitz, mit über 4000 Baudenkmälern, eine der schönsten Altstädte Deutschlands.

Tag 2 (Freitag 12. Juni)

Fürst Pückler Park

Fürst Pückler Park

Auch auf dem heutigen Abschnitt führte der Radweg nur vereinzelt an der Neiße entlang. Unterwegs hatte ich zwei Polen getroffen, welche fast die gesamte Strecke in nur 3 Tagen zurücklegen wollen (sonst bekommen sie Ärger mit ihren Frauen, wie sie mir versicherten 😉 ). Dies bedeutet für die Beiden jeweils Tagesetappen von gut 150km. Meine liegt für heute bei ca. 70km und Tagesziel ist Bad Muskau, mit dem zugehörigen Fürst Pückler Park. Dieser erstreckt sich über ein riesiges Areal auf der polnischen und deutschen Seite der Neiße und ist an einem Nachmittag kaum zu schaffen. Von daher steht hier noch mal ein Tagesbesuch für spätere Zeiten auf dem Programm. Auf dem Glockenhof, einem liebevoll hergerichteten Bauernhof,  kann ich für diese Nacht mein Zelt aufstellen.

Tag 3 (Samstag 13. Juni)

Hinter Bad Muskau verändert sich der Charakter der Tour enorm. Das Land öffnet sich nach beiden Seiten hin, der Radweg verläuft größtenteils auf dem Schutzdeich, entlang von Wiesen und Feldern, und der Blick reicht kilometerweit in die Ferne. Ich komme sehr gut voran und das Radfahren macht einfach nur Spaß. In Forst lasse ich den Rosengarten links liegen, da es keine Möglichkeit gibt, mein Gepäck irgendwo sicher zu verwahren. Außerdem hat mich heute der sportliche Ehrgeiz gepackt und ich möchte versuchen, bis zum ca. 120km entfernten Helenesee zu radeln.

Eisenhüttenstadt

Eisenhüttenstadt

Nachmittags komme ich durch Eisenhüttenstadt und für den Versuch, irgendwo Kaffee und Kuchen aufzutreiben, benötige ich über 30 Minuten. Ich glaube, etwas trostloseres als Eisenhüttenstadt habe ich schon ewig nicht mehr gesehen. Überall wo man hinschaut Plattenbauten, viele davon leer stehend und mit eingeworfenen Fensterscheiben.

Bis zum Helenesee ist es von hier aber nicht mehr weit und nach insgesamt 10 Stunden erreiche ich den Zeltplatz. An der Rezeption werde ich mit den Worten empfangen, dass es die Nacht allerdings etwas lauter werden könnte, da ein Rock-Festival auf dem Gelände stattfindet – und ich habe keine Ausgehklamotten dabei. Zum Glück schaffe ich es noch rechtzeitig mein Zelt aufzustellen, kurz bevor ein ziemlich heftiges Gewitter über den Platz fegt. Das Rock-Festival stellt sich später übrigens ehr als Techno-Festival heraus, auf dem lauthals Deutschland Parolen gegrölt werden – willkommen im tiefsten Osten. Durch den anhaltenden Regen, wird die Veranstaltung allerdings recht schnell nach drinnen verlagert und meiner dringend benötigten Nachtruhe steht nichts mehr im Weg.

Tag 4 (Sonntag 14. Juni)

Den Tag beginne ich mit einem erfrischenden Bad im glasklaren Wasser des Helenesee, bevor es wieder auf die Strecke geht. Schon recht bald wird mir klar, dass die heutige Etappe viel kürzer ausfallen wird als ursprünglich geplant. Mein Körper fühlt sich an, als würde er nur noch durch Schmerzen zusammengehalten – die Oberschenkel brennen, die Hände schmerzen, die Schultern total verkrampft und von meinem Hintern will ich gar nicht erst anfangen. Dies ist wohl auch eine der Sachen, die man in der Schule nicht beigebracht bekommt: das einem nach tagelangem Radfahren alles weh tut. Aber ein paar Freunde haben bereits angemerkt, dass sich dies nach ein paar tausend gefahrenen Kilometern langsam gibt 😀

Auf dem Deich

Auf dem Deich

Hinter Frankfurt (an der Oder) gab es dann noch richtig was auf die Mütze bzw. den Helm – nämlich Gegenwind und davon jede Menge. Teilweise ist der Wind so stark, dass ich nur in den unteren Gängen fahren kann und pro Stunde schaffe ich gerade mal 15km unter größter Anstrengung. Die Landschaft ist zwar immer noch wunderschön, aber mitunter bin ich so auf das Vorwärtskommen konzentriert, dass ich diese kaum noch wahrnehme und so beende ich die Tagesetappe, nach ca. 80km, in einer Herberge im Ort Zollbrücke. Zum Sonnenuntergang schleppe ich meinen Körper noch einmal nach draußen, setze mich oben auf den Deich und genieße die Abendstimmung.

Tag 5 (Montag 15. Juni)

Da der Wetterbericht auch für den heutigen Tag starken Wind aus Norden vorhergesagt hat, beschließe ich, die Tour nur noch bis Schwedt fortzusetzen und von dort aus mit dem Zug wieder nach Hause zu fahren. Allerdings komme ich nach gut 3km an einem Wegweiser vorbei, der einen Radweg nach Straußberg-Nord ausweist. Nachdem ich mich auf Google-Maps versichert hatte, dass es sich dabei um das selbe Straußberg-Nord handelt, welches ich kenne und von wo aus die S-Bahn nach Berlin rein fährt, bin ich kurzentschlossen diesen Weg weiter geradelt. Ich wusste gar nicht, dass Straußberg-Nord gerade einmal 45km von der polnischen Grenze entfernt liegt. Somit saß ich nach etwa 2,5 Stunden in der S-Bahn Richtung Heimat.

Da mir der Radweg bis hierhin sehr gut gefallen hat, werde ich die restliche Strecke bis zur Ostsee, sicherlich demnächst auch noch fahren. Dann allerdings mit deutlich weniger Gepäck, da ich meine Kochutensilien nicht einmal verwenden musste. Auch wenn man unterwegs überall Gasthäuser und Herbergen findet, wird auch dann mein Zelt wieder mit dabei sein, da ich diese Form der Übernachtung einfach schöner finde. Was mich verwundert hatte, war das zur Zeit relativ wenig Radfahrer unterwegs sind. Aber mir wurde versichert, dass sich dies mit Beginn der Ferienzeit schlagartig ändert. Hätte mich sonst aber auch gewundert.
Hier noch ein paar Fotos bei Flickr.

Welche Radtouren könnt ihr denn noch empfehlen?

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